DESIGN/MOBILITÄT: Sportliche Topmodelle tragen gern Rot. Und hier reiht sich nun der Volkswagen ID.4 GTX01 kraftvoll ein.
Warum Volkswagen Modellen mit Power und Performance das rote Trikot so gut steht, erklärt Color & Trim-Designerin Mareike Hackbarth.
Als Mareike Hackbarth das Studio betrat, war die Freude groß. „Endlich sehe ich ihn mal, also so ganz fertig“, sagt sie strahlend, den ID.4 GTX01 umrundend. Sie streicht über den roten glänzenden Lack. „Wie schön. Ach, sieht der GTX im Gesamtpaket gut aus.“ Drei Jahre lang hat die Designerin daran mitgearbeitet, nun ist es der reale Erstkontakt mit dem Neuen der ID. Familie. Ihre Welt ist die der Farben und Lacke. Im Volkswagen Design Color & Trim MEB-Team ist sie zuständig für die Außenfarben der vollelektrischen ID. Familie, beschäftigt sich mit Farbkonzepten, Trendrecherchen und Zukunftsforschung.
Zum Interview hat Mareike Hackbarth diverse Arbeitsmaterialien mitgebracht und packt aus: Lackbleche, Tiefziehmodelle, Farbkarten, Pigmentfläschchen – kistenweise Rot. Denn genau darum geht es heute. Um die Farbe, die am meisten Aufmerksamkeit weckt und die stärksten Emotionen auslöst. Und die bei Volkswagen eine lange Tradition mit viel Sportlichkeit hat: die Farbe Rot.
Die Liste der Rottöne bei Volkswagen ist lang. Der erste Rotton war 1956 das Korallenrot, weitere Rottöne folgten, die meisten mit verheißungsvollen Namen wie Bahia-, Flash-, Mars-, Tornado- oder Salsarot und nun Kings Red … Warum gehört Rot schon so lange zum Angebot?
Beim Fahrzeugkauf gilt je nach Hersteller und Modell die Farbe gemeinhin als wichtiges Auswahlkriterium. Die Farbe Rot hat einen sehr ausdrucksvollen Charakter. Rot ist in Bewegung und sehr dynamisch. Und so sind auch rote Außenlacke seit langem feste Bestandteile in der Volkswagen Farbpalette, weit über 50 Rottöne sind es bisher. Auch als Flottenfarbe sehr beliebt, wird Rot auch weiterhin eine wichtige Rolle bei Volkswagen spielen – in den verschiedensten Farbnuancen.
Mit Marsrot kam 1976 erstmals ein Rotton im Tandem mit einem neuen sportlichen Modell auf den Markt. Neben Diamantsilber war Marsrot die Farbe des ersten Golf GTI. Ein echtes „Dreamteam“ – und vielleicht sogar eine Art Pionier?
Absolut. Der GTI und die Farbe Rot gehörten vom Start weg zusammen. Die Symbolik der Farbe ist stark: Rot ist das Blut, Rot ist das Feuer. Die Farbe löst in uns das Gefühl von Aktivität, Energie und Lebensfreude aus. Damit ist Rot perfekt als Markenfarbe für Performance-Modelle einsetzbar: Man verbindet damit Fahrspaß und Rot sorgt für reichlich Aufsehen.
Tornadorot folgte 1986 – über Jahrzehnte hinweg die Farbe für performancestarke Fahrzeuge. Zahlreiche Topmodelle ihrer Zeit tragen den Power-Lack wie Golf II GTI 16V, Corrado G60, Golf III VR6, Golf R32 oder Golf GTI TCR. Warum passt das Rot so gut?
Das Tornadorot ist eine sehr dominante, positive und laute Farbe, die bereits aus der Ferne sichtbar ist. Genau der Gegenpol zu einem sanften Blau oder einem unschuldigen Weiß. Tornadorot ist ein erfolgreicher zeitloser Unifarbton, der richtig gut zu unseren sportlichen Baureihen passt – aus dem heraus wir übrigens unsere neue Performance-Highlightfarbe Kings Red Metallic entwickelt haben.
Seit dem ersten GTI werden rote Elemente als sportliche Erkennungsmerkmale fortgeführt. Kann man sagen, ein roter Faden zieht sich durch das Design der performancestarken Modelle bei Volkswagen?
Rot ist Kraft. Das sollen unsere Performance-Modelle auf den ersten Blick vermitteln – auch in den Details. Daher setzen wir auf Rot als Akzentfarbe, die sich z. B. auch in Ziernähten oder im typischen Karomuster fortsetzt. Ein roter Faden in vielerlei Hinsicht, der sich mittlerweile als Kennzeichen für Sportlichkeit und Kraft etabliert hat.
… und der sich auch durch den ID.4 GTX01 zieht?
Unbedingt. Für den ID.4 GTX haben wir diesen roten Faden gezielt aufgriffen und neu interpretiert. Die Elektromobilität braucht ein innovatives Design. Aber für den GTX war auch der Imagetransfer der Volkswagen Performance-Modelle wichtig. Unter dem Motto „Electric Vibrant Power“ haben wir die neue GTX-Welt entwickelt: sehr dynamisch, prägnant und kraftvoll. Ein kräftiges Rot in Kombination mit der Farbe Schwarz, eine markante, sportliche Ausstattung mit dunkelblauen und roten Interieur-Highlights wie der roten Doppel-Kontrastnaht, die sich durchs Cockpit zieht – der wortwörtliche rote Faden.
Was ist wichtig bei einer Farbe, die ein neues sportliches Topmodell auszeichnen soll?
Rot ist für unsere Kunden etwas sportlich Vertrautes. Mit dieser Gewohnheitsästhetik haben wir gearbeitet. Das Zuhause des GTX01 ist die Performance-Welt – und das wollten wir mit dem Kings Red Metallic zeigen. Wir wollten ein Symbol einer neuen Performance-Produktlinie im E-Zeitalter schaffen. Denn auch bei klimafreundlichen Elektro-Fahrzeugen geht es nicht nur um Vernunft, sondern auch um Emotionen, Fahrspaß und Beschleunigung. Rot steht für diese Attribute. So haben wir das Kings Red Metallic gezielt für den GTI02 und den GTX entwickelt.
Was ist das Besondere an Kings Red Metallic?
Früher signalisierte Rot Wohlstand, war eine teure Luxusfarbe. Wir wollten die neuen Modelle mit einem „königlichen“ Premium-Rot aufwerten und haben hart daran gearbeitet, eine brillante Farbe mit tiefer Sättigung und starker Leuchtkraft zu kreieren. Der Zweischicht-Basislack enthält neben dem Buntpigment auch ein rot beschichtetes Aluminiumpigment, das sorgt für seine außergewöhnliche Tiefe. Außerdem ist das wasserbasierte Lacksystem besonders umweltfreundlich, ökologisch nachhaltig und in allen Produktionsstätten einsetzbar.
Vor 30 Jahren wurden noch bei 50,4 Prozent der Pkw-Neuzulassungen in Deutschland bunte Farben bevorzugt: Spitzenreiter war Rot mit 25,2 Prozent. Mit Beginn der Jahrtausendwende wurde die automobile Farbwelt dezenter. Der Anteil der Buntfarben verringerte sich bis 2020 auf knapp 24 Prozent. Insgesamt lag der Anteil von Rot in Deutschland bei 6,7 Prozent, international bei 5 Prozent. Ist Rot denn noch eine beständige Farbe? Und wohin geht der Trend?
Rot ist eine der drei Grundfarben und hat unzählige Nuancen. Und so wie es Trendzyklen gibt, gibt es auch Farbzyklen. Die Farbpalette der Automobilbranche verändert sich zu einer breiteren Auswahl an bunten Farbtönen. In den nächsten Jahren werden farbige und individuelle Lackierungen die Exterieur-Designs stärker hervorheben. In Europa gibt es eine große Diversität an Farben, die Nachfrage nach Blau- und Rottönen steigt bei den Buntfarben wieder an. Bei Rot geht der Trend aktuell ins Bläuliche, und wir denken, es wird in Zukunft im Bereich Rot wieder poppiger.
Rot ist je nach Kulturkreis unterschiedlich konnotiert: Im westlichen Kreisen steht Rot auch für Liebe, Mut, Gefahr oder Wärme. In Osteuropa bedeutet es Schönheit. Als Symbol der Freude gilt Rot unter anderem in China, als Symbol des Erfolgs z.B. in Südamerika. Weltweit die größte Übereinstimmung gibt es bei Rot als Farbe der Leidenschaft. Spielt die regionale Symbolkraft einer Farbe eine Rolle?
Farben und Farbkombinationen lösen bestimmte Emotionen bei uns Menschen aus. Sie machen neugierig, beeinflussen unseren Gemütszustand, steuern auch unser Kaufverhalten. Deshalb schauen wir danach, welche Nuancen gut zum Trend in der jeweiligen Region passen. Was können wir dort auf die Fahrzeuge bringen? Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft sind wesentliche Einflussfaktoren, nicht alle Farbgebiete werden in allen Regionen angenommen. In China stehen aktuell z. B. Violett, Gold oder ein intensives Rot hoch im Kurs, also sehr expressive Farben. Das ist in den europäischen Ländern anders. In Südamerika versuchen Autokäufer, ihrer Individualität mit sportlicheren Autos Ausdruck zu verleihen, und Rot ist hier der beliebteste Buntfarbton. Jedes Land hat farbspezifische Präferenzen. Deshalb arbeiten wir eng mit unseren internationalen Designcentern zusammen.
„Eine emotionale Farbe für eine dynamische Form: Rot signalisiert Stärke und Vitalität. Alle Farben haben aber in den verschiedenen Regionen unterschiedliche Gewichtungen. Wir verfolgen daher sehr genau die Trends vor Ort.“
Mareike Hackbarth, Color & Trim-Designerin bei Volkswagen
Brand: Volkswagen AG
virtualdesignmagazine Michael Hiller