60 Jahre ist es her, als MINI mit Fahrer Patrick „Paddy“ Hopkirk im MINI Cooper S die Rallye Monte Carlo gewann

MOBILITÄT: Damals war er noch klein und galt als Stadtauto, als er 1964 die Rallye Monte Carlo gewann: Der MINI Cooper S 

Zum 60. Mal jährt sich in diesen Tagen einer der spektakulärsten Erfolge in der Geschichte des internationalen Motorsports. Mit dem Iren Patrick „Paddy“ Hopkirk am Steuer gewann der Mini Cooper S die Gesamtwertung der Rallye Monte Carlo. Glück? Zufall? Eine Laune des Schicksals? Eher nicht, denn es folgten zwei weitere Siege bei der Monte und zahlreiche weitere Erfolge bis Ende der 1960er Jahre. Die Gründe dafür hießen rückblickend: Moderne Technik, Top-Fahrer, neue Logistik-Maßstäbe.

„Der Sieg von Paddy Hopkirk im Mini Cooper S im Jahr 1964 markierte einen Wendepunkt in der Geschichte von Mini. Er bewies, dass Mini nicht nur ein charmantes Stadtauto ist, sondern auch im Motorsport große Erfolge feiert. Diese Tradition und Leidenschaft für das Rennsport-Erbe von MINI ist bis heute in unseren Modellen spürbar. Der Motorsport hat Mini geprägt und wird immer ein wichtiger Bestandteil unserer DNA bleiben“ sagt Stefanie Wurst, Leiterin von MINI.

Blaupause für moderne Kleinwagen.
Ende der 1950-er Jahre bewegten sich die Rallye-Größen meist in stattlichen und üppig motorisierten Fahrzeugen durch englische Wälder, über französische Pässe oder von Lüttich nach Sofia und wieder zurück. Austin Healey und Ford Falcon waren bei den Rallyes das Maß aller Dinge und beherrschten die Szene. Für den Alltag taugten sie eher nicht. In dieser Zeit baute der Grieche Alec Issigonis im Auftrag der British

Motor Corporation (BMC) das mit Abstand modernste Auto seiner Zeit: Mit dem vorn quer eingebauten Motor und Frontantrieb entsprach der classic Mini bei seinem Debüt 1959 dem heute noch gültigen Standard für Kleinwagen.

Für eine beeindruckende Sportkarriere bedurfte es eines zweiten genialen Car Guys: John Cooper. Er war als Rennfahrer zu Ruhm und als Konstrukteur zu Wohlstand gekommen – und er war auf Anhieb vom sportlichen Potenzial des classic Mini überzeugt. Cooper, der schon bei seinen Formel 1 Autos den Motor nicht wie damals üblich vor dem Fahrer, sondern hinter ihm platzierte, brachte es gegenüber seinem Freund Issigonis, der im classic Mini mehr ein Auto für Jedermann sah, auf den Punkt: „Du hast keine Familienkutsche gemacht. Das ist ein verdammtes Rennauto. Gib ihm mehr Leistung, bessere Bremsen und bau das Ding.“ Der unterschätzte Underdog – eine Rolle, die MINI in seiner mehr als sechs Jahrzehnte langen Geschichte immer wieder gerne einnahm – war geboren.

 

64 Jahre Marke, 62 Jahre Motorsport.
1960 entstand der erste Mini Cooper – mit stolzen 55 Pferdestärken anstelle der 34 PS des Ur-Mini von 1959. Schon 1961 stellte der gerade mal drei Meter große Mini Cooper die Welt der Schnellfahrer auf den Kopf. Er demokratisierte Geschwindigkeit. Denn ab sofort konnten auch weniger Betuchte mindestens genauso zügig über Land kacheln wie die Besitzer von reinen Sportwagen und PS-starken Limousinen. Und auf den Rallyepfaden und Rennpisten räumten die kleinen Racer mit ihren fast filigran anmutenden Zehn-Zoll-Rädern die Pokale ab.

Der classic Mini Cooper war wie maßgeschneidert für die damaligen Rallyestrecken. Kaum vorhandene Karosserieüberhänge sorgten für ein bis dahin ungekanntes neutrales Fahrverhalten. Die kompakte Karosserie ließ auf engen Bergstraßen immer noch ein bisschen Platz bis zum nächsten Mäuerchen, an dem man mit den Healeys und Falcons längst angeeckt wäre.

Und dank der recht bescheidenen 650 Kilo, die ein Rallye Mini damals auf die Waage brachte, entstand mit den ebenfalls überschaubaren 55 PS ein durchaus akzeptables Leistungsgewicht. Die Konstruktion war auch die Geburtsstunde des berühmten Gokart- Feelings.

Im Mai 1962 trug sich der classic Mini erstmals in die Siegerliste einer internationalen Rallyeveranstaltung ein. Bei der Internationalen Tulpen-Rallye, die von der niederländischen Gemeinde Noordwijk bis an die französische Riviera und wieder zurück führte, lenkte Pat Moss, Schwester des viermaligen Vize- Weltmeisters und 16-maligen Grand-Prix Gewinners Stirling Moss, den classic Mini Cooper in Bestzeit über die Strecke.

Finnische Eis-Eilige und virtuose Linksbremser.
Ebenfalls im Jahr 1962 nahm BMC-Sportchef Stuart Turner neben dem Iren Paddy Hopkirk zwei Talente aus den nordischen Wäldern unter Vertrag: Timo Mäkinen und Rauno Aaltonen. Die finnischen Eis-Eiligen und virtuosen Linksbremser teilten die Vorliebe für herzhaftes Gasgeben – und konnten dennoch nicht unterschiedlicher sein. Mäkinen war kein Freund der vielen Worte und ging als Fliegender Finne in die Geschichte ein.Aaltonen parlierte fließend in fünf Sprachen und betrieb den Motorsport mit wissenschaftlicher Akribie, was ihm später den Titel Rallye-Professor einbrachte.

Von nun an begann Mini nach den Sternen zu greifen. Egal, wie hoffnungslos eine Aufgabe erscheint, Mini stellte sich in seiner langen Geschichte immer dem Wettbewerb. Das geniale Grundprinzip des Fahrzeugs und die drei Spitzenfahrer waren wichtige Säulen des Erfolges. Genauso wie die von Turner entwickelte professionelle Logistik. Er setzte neue Maßstäbe in Sachen Service-Organisation und schickte als erster Teamchef Eisspione auf die Sonderprüfungen. John Cooper feilte weiter am Brennraumvolumen und lockte im nun Mini Cooper S genannten Modell nach der für die 1100er Klasse definierten Hubraumerweiterung auf 1071 ccm 90 PS von der Welle.

Der Mini Cooper S glich optisch übrigens jedem Allerwelts-Mini. Kein sportlicher Heckmeck, nicht einmal ein Drehzahlmesser, stattdessen ein dünnes Plastiklenkrad und spartanische Sitze ohne Seitenhalt. Ein Regal anstelle des Armaturenbretts, außen liegende Karosseriefalzen und Scharniere. Dank der sparsamen Möblierung eine gewisse Weitläufigkeit in einem winzigen Auto und eine extreme Raumökonomie. Kurzum: eine mutige Schlichtheit.

Hinter jedem Erfolg steckt harte Arbeit.
So ganz ohne Vorarbeit ließ sich auch schon in den 1960-er Jahren nicht einfach die Rallye Monte Carlo gewinnen. 1963 holte Rauno Aaltonen den ersten Klassensieg bei der Monte. Und doch war der Erfolg 1964 im Gesamtklassement für die Konkurrenten eine große Überraschung – zu übermächtig erschien die Konkurrenz. 277 Autos gingen bei der 33. Auflage der wohl berühmtesten Rallye der Welt an den Start. Die akribische Vorarbeit und auch die Witterungsverhältnisse mit reichlich Eis und Schnee kamen dem classic Mini zugute. Und so wurde über Nacht aus dem Underdog und Favoritenschreck nicht nur ein Publikumsliebling, sondern auch eine Motorsport-Legende.

Eis, Schnee und 34 Haarnadelkurven auf 24 km Länge.
Es war die legendäre „Nacht der langen Messer“, die vorletzte Etappe der Rallye, die den Mini Cooper S mit der Startnummer 37 und dem seither berühmten Kennzeichen 33 EJB im Winter 1964 auf die Siegerstraße brachte. Bei der Prüfung am Col de Turini in den französischen Seealpen sind auf 24 Kilometern 34 Haarnadelkurven zu bewältigen – eine echte Herausforderung bei Schnee und Eis auf 1600 Meter Passhöhe. Hopkirk erreichte das Ziel mit nur 17 Sekunden Rückstand auf seinen ärgsten Widersacher Bo Ljungfeldt im weitaus stärkeren Ford Falcon mit V8- Motor. Aufgrund der damals gültigen Handicap-Formel zum Ausgleich der Gewichts- und Leistungsunterschiede lag der classic Mini damit in der Gesamtwertung in Front. Und er verteidigte den Vorsprung auch beim abschließenden Rundstrecken-Rennen durch die Straßen Monte Carlos.

Im Heimatland des classic Mini wurde der Sieg natürlich enthusiastisch gefeiert. Hopkirk erhielt ein Glückwunsch-Telegramm von der britischen Regierung und auch die Beatles gehörten zu den ersten Gratulanten. „Da kam eine Autogrammkarte der Beatles“, erinnert sich Hopkirk später, auf der stand: ‚Jetzt bist Du einer von uns, Paddy’. Eine tolle Erinnerung.“ Hopkirk wurde über Nacht ein Motorsportheld und so etwas wie der fünfte Beatle.

Ein Sieg kann Glück sein, eine Siegesserie ist Können.
Auch in den Folgejahren dominierte der classic Mini die Rallye Monte Carlo. Timo Mäkinen gewann schon ein Jahr später mit großem Vorsprung. Dabei half auch die Hubraumerweiterung auf 1275 Kubikzentimeter. Mäkinen blieb als einziger Teilnehmer über die gesamte Distanz strafpunktfrei. Die Veranstalter hatten trotz Unmengen an Schnee und Eis eine zweite Nachtfahrt durch die Seealpen angesetzt. Mäkinen und sein Mini Cooper S zeigten sich unbeeindruckt und gewannen auf der Abschlussetappe fünf der sechs Sonderprüfungen.

1966 dann der vermeintlich ultimative Triumph, als die Mini Piloten die Plätze eins bis drei belegten. Die Rennleitung disqualifizierte alle drei Fahrzeuge wegen angeblich nicht regelkonformer Lichttechnik – eine Technik inklusive der charakteristischen Zusatzscheinwerfer vor dem Kühlergrill, die bis heute zu den beliebtesten Zubehörteilen im Programm der Marke gehört. Selbst französischen Rallye-Enthusiasten war die Disqualifikation peinlich. Den Legendenstatus des classic Mini unterstrich sie nur. Aaltonen, Mäkinen und Hopkirk galten von nun an als die „Drei Musketiere“ – und die Verkaufszahlen des classic Mini schossen in die Höhe. 1967 holte sich dann Aaltonen den Gesamtsieg – und doch begann sich das Ende einer Ära abzuzeichnen. Im Folgejahr gewann Vic Elford auf einem Porsche 911 – Aaltonen rettete mit Platz drei die Ehre der classic Mini.

1970 war endgültig Schluss. Der Leyland-Konzern geriet in finanzielle Schwierigkeiten – ein grandioses Kapitel Motorsportgeschichte wurde geschlossen. Im Juli 1971 lief der vorerst letzte Mini Cooper S vom Band.

BRAND: MINI

virtualdesignmagazine Michael Hiller

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